Energienews


17.09.2019

„Wesentlich mehr Fördergeld für Gebäudesanierung erforderlich“

Bei konservativen Annahmen seien allein für die vermieteten Wohnungen in Deutschland jährlich mindestens 6 Mrd. Euro Unterstützung nötig, wenn die Klimaziele im Gebäudebereich erreicht werden sollen. Für Wohngebäude insgesamt würden pro Jahr sogar mindestens 14 Mrd. Euro benötigt – je nach Eigentümergruppe als Zuschüsse oder Steuererleichterungen. Das haben Berechnungen auf Grundlage der dena-Leitstudie „Integrierte Energiewende“ und der BDI-Studie „Klimapfade für Deutschland“ ergeben.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, die CO2-Emissionen im Gebäudesektor bis 2030 um rund 40 % auf dann 72 Mio. t/a zu senken. Dazu die Wohnungswirtschaft und Mietervertreter: Dafür müsste rein rechnerisch der CO2-Ausstoß in 80 % aller Gebäude halbiert werden. Das erfordert eine immense Sanierungsleistung und ist unter den bisherigen Bedingungen unmöglich und nicht bezahlbar.“ (Anmerkung der Redaktion: Im Sektorziel für den Gebäudebereich sind nur die Treibhausgas-Emissionen berücksichtigt, die „das Gebäude direkt emittiert“. Die Umstellung der Wärmeversorgung eines Wohngebäudes von Erdgas oder Heizöl auf eine mit Netzstrom betriebene Wärmepumpe wäre bilanziell bereits eine vollständige Dekarbonisierung.)

Wohnungswirtschaft und Mietervertreter sehen Mieter und Vermieter derzeit in einer Klimafalle: Die Klimaziele seien ohne massiven finanziellen Aufwand nicht zu erreichen. Dort, wo die Wohnungsunternehmen und die Mieter bei der Refinanzierung der energetischen Sanierung im Gebäudebestand an ihre Grenzen kommen, müsse deshalb der Staat unterstützen.

Michael Groschek, Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung: „Lust statt Frust auf Klimaschutz im Gebäudebereich. Das muss das Ziel sein und dafür muss die Agenda deutlich engagierter sein, als die der Bundesregierung. Der Deutsche Verband hat in seinem Kursbuch Klimaschutz im Gebäudebereich die Route skizziert, wie wir das erreichen: Es muss um die Betrachtung der CO2-Bilanz und um technologieoffene Sanierungen gehen und nicht nur um Effizienz. Das Klimakabinett muss jetzt endlich Fördermittel in einer völlig neuen Größenordnung mobilisieren. Oder wir vergessen die Klimaziele.“

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW: „Wer es mit der Umsetzung der Klimaziele ernst meint, der muss sich die Dimension vor Augen führen. In den kommenden zehn Jahren müssten zur Zielerreichung je nach Tiefe der Sanierung mehr als zwei von drei Wohngebäuden energetisch saniert werden. Das gilt im Übrigen sowohl für vermietete Wohnungen als auch für den Eigentumsbereich. Wenn man so hohe Ziele an Eigentümer und Mieter stellt, muss man diese auch politisch absichern. Das bedeutet in diesem Fall: Es muss wesentlich mehr Geld in den Klimaschutz von Gebäuden fließen, als bisher.“

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB): „Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebereich gibt es nicht zum Nulltarif. Im Gegenteil: Energetische Modernisierungen werden für Mieter immer mehr zum Synonym für drastisch steigende Mieten und sogar Verdrängung. Schon eine einfache energetische Modernisierung (Effizienzhaus-100-Standard) führt zu einer Mieterhöhung von mindestens 2 Euro pro Quadratmeter und Monat, die auch nicht ansatzweise durch eingesparte Heizkosten refinanzierbar ist. Bei durchschnittlichen Wohnkostenbelastungen von 29 %, bei einkommensschwächeren Haushalten von 46 %, sind derartige Mietsteigerungen nicht bezahlbar, sie gefährden den sozialen Frieden in Deutschland.“

Die drei Verbände: „Weder eine CO2-Bepreisung noch ordnungsrechtliche Initiativen lösen die Frage der Refinanzierung der energetischen Gebäudesanierung. Wir fordern die Bundesregierung eindringlich dazu auf, bei den Beratungen des Klimakabinetts die wirtschaftlichen und sozialen Handlungsspielräume der Betroffenen angemessen zu berücksichtigen. Die Nöte der Mieter und Vermieter dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“




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